Die Festlegung von Ehegattenunterhaltsansprüchen ist sowohl bezüglich der Höhe als auch hinsichtlich der Dauer der Zahlungen ausgesprochen schwer. Das wird jede/r Familienrechtler/in bestätigen, da für die Beurteilung, ob z.B. ein ehebedingter Nachteil vorliegt, Karriereverläufe hypothetisch skizziert werden müssen und anschließende Billigkeitsabwägungen viel Raum für unterschiedliche Ergebnisse lassen.
Nun hat der BGH mit seinem Beschluss vom 25.09.2019 (Az. XII ZB 25/19) einen Aspekt bei hohen Ehegattenunterhaltsansprüchen leichter werden lassen und damit eine Entscheidung aus dem letzten Jahr bestätigt.
Kurz zu den Grundlagen eines Ehegattenunterhaltsanspruch: Die Höhe des Unterhalts richtet sich nach dem Familieneinkommen, wobei der Unterhalt dazu bestimmt ist, den laufenden Unterhalt entsprechend der ehelichen Lebensverhältnisse zu decken. Hier gilt dann folgerichtig auch der Halbteilungsgrundsatz, d.h. jedem Ehegatten soll nach Abzug des Kindesunterhalts die Hälfte zustehen. Wozu der Unterhalt nicht dienen soll, ist zur Vermögensbildung.
Nun gibt es sehr gute Einkommensverhältnisse, welche meist dazu führen, dass ein aufwendiger Lebensstil gepflegt wird und trotzdem nicht das gesamte Einkommen Monat für Monat ausgegeben wird. In diesen Fällen wäre es nicht richtig, den Halbteilungsgrundsatz anzuwenden, da dann auch der Teil des Einkommens in die Unterhaltsberechnung einfließen würde, welcher in der Ehezeit angespart wurde, sprich der Vermögensbildung diente. Um in diesen Fällen ein Maß für die Höhe des Unterhalts zu finden, muss derjenige, welcher den Unterhalt für sich beanspruchen möchte, eine Aufstellung anfertigen, was im Monat an Kosten anfällt bzw. wie hoch sein Bedarf ist. Das Problem in diesen Fällen lag darin, dass nicht wirklich eindeutig war, ab welchen Einkommensverhältnissen von dem Halbteilungsgrundsatz in die Bedarfsermittlung überzugehen ist.
Hier hat der BGH nun entschieden, dass bis zum Doppelten des höchsten Einkommensbetrages der Düsseldorfer Tabelle – derzeit EUR 11.000,00 – davon ausgegangen werden kann, dass ein vollständiger Verbrauch des zur Verfügung stehenden Einkommens vorliegt. Es bedarf nicht mehr einer aufwendigen Bedarfsaufstellung, welche auch gern Angriffspunkt des Unterhaltsverpflichteten ist, sondern allein der nachgewiesene Vortrag, dass ein Familieneinkommen von EUR 11.000,00 vorhanden ist, rechtfertigt die Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes.
Ein weiteres Thema der BGH-Entscheidung ist der Altersvorsorgeunterhalt, welcher trotz seiner Wichtigkeit in der familienrechtlichen Praxis ein Stiefmütterchen-Dasein führt. Grundsätzlich umfasst der Ehegattenunterhaltsanspruch auch einen Anspruch auf Altersvorsorge. Der Unterhaltsempfänger muss diesen Teilbetrag der Unterhaltszahlung für die eigene Altersvorsorge einsetzen. Auf der Seite des Unterhaltspflichtigen ist es unterhaltsrechtlich zu akzeptieren, dass bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens, welches die Rechengrundlage für die die Höhe des Unterhalts darstellt, neben dem Umfang des gesetzlichen Rentenversicherung weitere 4% für eine zusätzliche Altersabsicherung genutzt werden. Neu ist, dass nun auf Seiten des Unterhaltsberechtigten ebenso ein Altersvorsorgeunterhalt verlangt werden kann, welcher sich nicht nur an dem Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung orientiert, sondern einen zusätzliche Altersvorsorge von weiteren 4 % toleriert. Diese Gleichstellung gab es bislang noch nicht.
Bei Fragen zum Familienrecht wenden Sie sich jederzeit gern an unsere Fachanwältin für Familienrecht und Mediatorin, Frau Rechtsanwältin Ulrike Hafer, und zwar telefonisch unter (040) 35 47 47 oder per E-Mail an ulrike.hafer@kanzlei-heinsen.de.