Das Landgericht Hamburg hatte kürzlich einen ungewöhnlichen Fall zu entscheiden. Nachdem eine Kita-Trägerin den Betreuungsvertrag gekündigt hatte, machten die Eltern Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeld geltend. Die Eltern waren der Auffassung, die Mehrkosten für die alternative Betreuung der Tochter nach der Kündigung seien erstattungsfähig. Außerdem verlangten sie mit ihrer Klage Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 EUR, weil der Vater seine fünfjährige Tochter in einem Zeitraum von etwa fünf Wochen selbst zuhause betreut und dabei erhebliche Schmerzen aufgrund mehrerer Bandscheibenvorfälle erlitten habe.
Nachdem bereits das zuständige Amtsgericht der beklagten Kita-Trägerin Recht gegeben hatte, erteilte nun auch das Landgericht Hamburg den Eltern in der Berufung eine Abfuhr (LG Hamburg, Beschluss vom 20.02.2023 – 321 S 32/22).
Die Mehrkosten für eine anderweitige Betreuung nach einer ordentlichen Kündigung des Betreuungsvertrages sind nicht erstattungsfähig. Ein Schadensersatzanspruch kommt nicht in Betracht, weil es an einer Pflichtverletzung der Kita-Trägerin fehlt. Die ordentliche Kündigung stellt keine Pflichtverletzung dar. Die im Betreuungsvertrag vereinbarte Kündigungsfrist von zwei Monaten ohne Angaben von Gründen ist im Hinblick auf § 307 BGB unbedenklich. Bei der Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung handelt es sich um ein freies Kündigungsrecht der Trägerin. Für die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung kommt es auch nicht darauf an, ob ein Kündigungsgrund vorlag.
Ein Anspruch auf Schmerzensgeld scheidet bereits dem Grunde nach aus, da es an einem Schutzzweckzusammenhang fehlt. Die Haftung des Schädigers ist stets durch den Schutzzweck der verletzten vertraglichen Pflicht beschränkt. Dieser Schutzzweck ist objektiv aus dem Inhalt und Zweck der vertraglich geschuldeten Tätigkeiten zu entnehmen. Jeder Vertragspartner hat nur für solche Nachteile einzustehen, zu deren Abwendung er die vertraglichen Pflichten übernommen hat.
Der Schutz der Gesundheit und körperlichen Integrität der Eltern vor Beeinträchtigungen durch die Betreuung ihrer eigenen Kinder gehört jedoch nicht zum Schutzzweck eines Betreuungsvertrages mit einer Kindertagesstätte. Diese hat vertraglich die zeitlich begrenzte Betreuung des Kindes übernommen. Der Zweck dieser vertraglichen Pflicht liegt zwar nicht nur in der Betreuung des Kindes, sondern auch in der zeitlich begrenzten Entbindung der Eltern von ihrer Betreuungspflicht aus beruflichen und sonstigen Gründen. Beeinträchtigungen der Eltern, die durch die Betreuung ihrer Kinder verursacht werden, stehen nicht mehr im kausalen Zusammenhang mit einer Verletzung der vertraglich geschuldeten Betreuungspflichten. Art und Umfang solcher Beeinträchtigungen sind für die Kita-Trägerin bei Vertragsschluss weder erkennbar noch abschätzbar.
Die HEINSEN Rechtsanwälte haben langjährige Erfahrung bei der Vertretung von gemeinnützigen Organisationen und Gesellschaften. Wenden Sie sich dazu bitte an Rechtsanwalt Theiß Hennig.